Es war einmal...

Worte der Verlegerin:

Ich verlege Bücher und schreibe Bücher aus Leidenschaft. Leidenschaft setzt sich zusammen aus einer Vielzahl von Emotionen, die sehr glücklich machen können, aber auch das Gegenteil. 

Meine Geschichte erzählt davon, wie aus einem Nichts ein Etwas wurde. Und aus dem Etwas, etwas Größeres: ein gelebter Traum.


Wenn eine Katastrophe eintritt...

2012 war ich eine alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern, die gerade ihren Job als Designerin verloren hatte und drei Nebenbeschäftigungen annahm, um über die Runden zu kommen. Verständlicherweise war ich recht verzweifelt. Mein Leben bestand aus Arbeit, Kindererziehung, Haushaltspflichten, großen und kleinen Reparaturen und . . . ungelebten Sehnsüchten. 

Man kann es sich wie zwei vollbeladene Waagschalen vorstellen. Auf der einen Seite liebte (und liebe) ich meine Kinder. Und ich liebte (und liebe) es, Mutter zu sein. Die anderen Seite der Waage wog jedoch genauso schwer: Ich trug (und trage) die gesamte Verantwortung. Und mir fehlte die Zeit für eine Reihe existentieller Dinge: Zeit für Freundschaften, Zeit für Hobbys, Zeit für Abenteuer, Zeit für die Liebe, Zeit zu träumen.

Ich ergab mich der Wirklichkeit und funktionierte. Doch ein Traum, ganz hinten in meinem Kopf, blieb hartnäckig. Er trieb mich nachts, wenn die Welt und meine Kinder schliefen, an den Schreibtisch. Hier wollte ich alles, was nicht möglich war und was ich so sehr vermisste, mit Worten zum Leben erwecken.

Ich schrieb ein „Märchen“, das, so gruselig und mörderisch es auch war (ich liebe einfach gruselige, blutige Geschichten!) all meine Sehnsüchte enthielt: die Freundschaften, das Abenteuer, die Spannung, die Liebe und eine Welt, die ich ganz allein gestalten konnte. Eine Welt, in der ich keinen Zwängen unterlag. Freiheit.


Den Horror überleben

Nach knapp einem Jahr durchschriebener Nächte, tiefer Augenringe, Triumph und Niederlage hatte ich meine Traumwelt auf gut 500 Seiten zu Papier gebracht. Mein erstes Buch. Ich widmete es meiner Stiefmutter, die leider starb, bevor sie es lesen konnte.

In den nächsten Monaten krachte ich ohnehin gewaltig auf den Boden der Tatsachen. Geldsorgen, ein sehr krankes Kind, Rückschläge jeglicher Art. Und natürlich wollte niemand mein Buch lesen, geschweige denn herausbringen. Ich reichte es bei einigen Verlagen ein, doch ich bekam noch nicht mal Absagen. Ich bekam gar keine Antwort. Bis dann, eines Tages, sich jemand für meine Geschichte begeisterte.

Dieser, mein erster Fan, veränderte alles. Denn er entschloss sich dazu, mich zu unterstützen. Und ehe ich mich’s versah, saßen wir beim Notar und gründeten einen Buchverlag: Den Scylla Verlag. Mit einem einzigen Buch, jeder Menge Ehrfurcht, aber voller Hoffnung.


Schau zurück und sieh, was du geschafft hast

Später fragte ich mich, welche der beiden Geschichten die spannendere geworden ist. Die Antwort liegt auf der Hand. Es ist die, die dann folgte: Die Geschichte des Scylla Verlags. Darin findet sich kurioser Weise ebenfalls alles, was ich mir so ersehnt hatte und dann völlig unerwartet zur Realität wurde: Freundschaft, Spannung, Abenteuer, Leidenschaft, ein wenig Grusel und ganz viel Liebe. Die Liebe zum Beruf, die Liebe zur Freiheit und die Liebe zu guten, spannenden Geschichten.


Halte durch…

Ich denke, ein kleiner, unabhängiger Verlag, der mehr Idealismus hat als Knete, wird immer wieder Gefahr laufen, unterzugehen. Doch wir machen weiter. Denn da draußen sind Leute, die auf unsere Geschichten warten. Und andersherum: Wir warten auf Eure Geschichten, denn ohne Euch geht es nicht. 

Es begeistert mich immer wieder, einzigartige, überraschende Welten zu betreten, von außergewöhnlichen Charakteren zu lesen und eure Sicht auf das Leben kennenzulernen. Neue Manuskripte sind vergleichbar mit Rohdiamanten, die im Lektorat ihren Feinschliff bekommen. Das bedeutet viel Liebe zum Detail und ein gutes Handwerkzeug.

Unsere jungen Autor*innen sind außergewöhnliche Menschen, deren Entwicklung und Potential mich unfassbar stolz machen. Sie zu begleiten macht aus einem Beruf eine Berufung, stiftet den tieferen Sinn. Und aus der intensiven Zusammenarbeit entsteht nicht selten etwas noch Schöneres: Freundschaft.

Leider verfliegt schon im nächsten Schritt die Romantik, wenn man den Buchmarkt betrachtet: Großhändler, Rabatte, Verträge, Verlagshäuser, Buchpreisbindung, globale Marktwirtschaft, der niedergelassene Buchhandel… das alles ist wenig kreativ und knallhart. Hier sind kleine, unabhängige Verlage die Exoten, die um Sichtbarkeit und Akzeptanz kämpfen müssen. Umso dankbarer bin ich für mein tolles Team, das immer an meiner Seite ist und sich nicht unterkriegen lässt. Dennoch: man muss schon sehr idealistisch sein, wenn man im Verlagswesen mitmischen will. 


Wenn ich gefragt werde, warum ich mir das alle „antue“, antworte ich gerne mit einem Zitat von Friedrich Nietzsche:

"Es ist immer etwas Wahnsinn in der Liebe. Es ist aber immer auch etwas Vernunft im Wahnsinn." 

Ich wünsche euch viel Freude in unserer Welt der Bücher. Und wer weiß? Vielleicht begeisterst du mich ja demnächst mit deiner besonderen, außergewöhnlichen Welt deiner Geschichte.


Liebe Grüße,

Eure Jeannette Graf

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